Durch die Interviews, die ich glücklicherweise führen darf, habe ich bereits einige Menschen kennengelernt, die große Lebenskrisen erstaunlich gut gemeistert haben. Mehrfach extrem harte Zeiten als Unternehmer und Arbeitgeber, Scheidung, Herzinfarkt, Krebs - und zwar nicht eine oder zwei Sachen davon, sondern mindestens drei der Reihe nach. Menschen also, die mehrere lebensbedrohliche Krankheiten hinter sich haben und sowohl privat als auch beruflich enorme Tiefen zu bewältigen hatten. Niemandem von ihnen ist das anzusehen. Im Gegenteil, sie sind bewundernswert zuversichtlich. Ihnen sind die Herausforderungen unserer Zeit vollkommen bewusst, sie sind gut informiert, verfügen über ein großes Netzwerk und sind zukunftsorientiert.
“Jetzt habe ich gar nicht von den Hürden erzählt, die ich in meinem Leben zu bewerkstelligen hatte”, sagte mir ein Interviewgast und zählte mehr als eine Handvoll sehr ernster Erfahrungen auf. “Man darf sich nicht von Schwierigkeiten aufhalten lassen”, fügte er dann hinzu. Als wir über Corona sprachen, kam ihm als Erstes die großartige Zusammenarbeit im Mittelstand in den Sinn, ein starkes gemeinsames Engagement. “Wer die Schwere des Lebens sehen möchte, sieht sie überall. Es ist aber wichtig, das Gute in den Dingen zu finden und optimistisch zu sein”, erklärte mir kürzlich eine knapp 60-jährige Unternehmerin, deren positive Ausstrahlung mich nachhaltig beeindruckte. Vermutlich kennen die besagten Personen einander nicht, aber sie sind geradezu vorbildliche Beispiele für Kampfgeist, Lebenswillen und Lebensfreude. Die Gespräche mit ihnen motivierten mich. Solche erfahrenen Menschen sollten auf Bühnen stehen oder über digitale Kanäle ihre Storys verbreiten, um anderen Mut zu machen. Wahre Storys von echten Menschen. Auch um zu zeigen, wo es hierzulande hakt und wie man der Wirtschaft auf sinnvollem Wege Gutes tun könnte. Was sich also ändern sollte, aber auch, was bereits gut ist. Und wie man selbst etwas schaffen kann. Wenn ich diejenigen frage, wo sie ihre Energie oder ihren Ausgleich tanken, fallen Worte wie Freundschaften, Gartenpflege und Musik.
Letzte Woche saß
ich mit zwei Freundinnen beim Kaffee zusammen. Ab und an schaffen wir es für knapp dreißig Minuten aus unserem Beruf und Alltagstrott hinaus und ins Café hinein, um danach wieder unseren
alltäglichen Pflichten nachzugehen. Mal sitzen wir zu zweit oder dritt, mal zu viert am Tisch. Es ist wie eine Insel im Tagesablauf. Eine Oase. Natürlich mussten wir eine Weile auf diese Treffen
verzichten und sind daher umso dankbarer, uns inzwischen wieder sehen zu können. Letzte Woche wagte ich also diese Oase mit seelischem Balast zu vermüllen und stellte mir vor, wie in den Köpfen
meiner Freundinnnen der Gedanke “Wieso erzählt sie uns das?!” aufploppt. Irrtum. Zu meiner großen Überraschung nickten diese und konfrontierten mich mit einem “Gut zu hören! Es geht also nicht
nur mir so!”. Dann packten sie ihre Probleme aus. Ganz offen. Wir hörten einander zu und stellten fest, dass wir teils sehr unterschiedliche, teils ähnliche Sorgen und Probleme haben. Das fühlte
sich gut an. Wir gestikulierten und lachten viel. Gewiss haben wir einander nicht komplett alles anvertraut, aber zumindest einen Teil dessen, was uns Kummer bereitet. Jede von uns atmete
schließlich tief durch und dankte den anderen, dass man miteinander gesprochen hatte. Leute, das brauchen wir! Kommunikation ist essentiell für uns Menschen. Dinge sollen sich nicht in uns
aufstauen, dürfen uns nicht innerlich zerfressen. Das ausgerechnet ich das sage, ist fast komisch. Im Grunde bin ich dafür, dass man wichtige Dinge nicht an die große Glocke hängt, sondern
irgendwie alleine zurechtkommt. Manches muss man mit sich selbst ausmachen. Grundsätzlich sollte man sich daher gut überlegen, was man sagt und was nicht. Doch es gibt auch Sachen, die raus
müssen. Dann bleibt nur die Frage, mit wem man darüber spricht.
Und haben wir
nicht alle unsere Probleme? Unsere kleinen und großen Baustellen des Lebens? Vor allem jetzt in der Corona-Zeit? Oft ist es auch schlicht die Auseinandersetzung mit uns selbst. So als
reflektierter Mensch. Dazu kommt noch der Rucksack voller Fragen, der auf unsere Schultern drückt. Mal spüren wir ihn kaum, weil er so leicht ist. Mal ist er schwer. Bei mir ist das ganz
unterschiedlich, deshalb beuge ich jetzt vor.
Aktuell höre ich mehr Musik als üblicherweise. Nicht beim Schreiben, denn sonst könnte ich mich nicht konzentrieren. Aber beim Kochen und der Hausarbeit zum Beispiel. Es ist entweder Musik, bei der ich einiges rauslassen kann oder Musik, die mich fröhlich stimmt. Bleibt tagsüber keine Zeit dafür, dann hole ich es am Abend nach. Seit Kurzem treibe ich außerdem täglich Sport. Nichts Besonderes. Meist fahre ich im Fitnessstudio Rad. Das ist immerhin besser als nichts. Und Ihr, was tut Ihr Euch Gutes? Was hilft Euch in schwierigen Phasen?