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Corona-Urlaub: Roadtrip durch die Pfalz.

 

Dieses Jahr war der Sommerurlaub kein einfaches Thema. Obwohl ich gerne zu Hause bin, wollte ich trotz der Corona-Maßnahmen verreisen. Nichts Großes, unbedingt ohne Flug, Hauptsache rauskommen. Es wurde dann eine sehr spontane Aktion. Ich buchte eine Ferienwohnung in der Pfalz und am nächsten Tag waren wir dort. Es stimmt wirklich: Man muss nicht weit fahren, um zu entspannen und einen schönen Kurzurlaub zu haben.

 

 

 

 

 

Für uns begann der Urlaub bereits auf der Landstraße, denn sowohl Rheinhessen als auch die Weinstraße in der Pfalz haben mediterranen Flair. Die malerischen Dörfer, gepflegten Häuser mit grünen Fensterläden und überall Weinreben: wundervoll.

 

Wir wohnten bei einer Winzerfamilie in Neustadt an der Weinstraße. Genauer: in Hambach, direkt am Weinberg mit Blick aufs Hambacher Schloss, das als die “Wiege der Demokratie” gilt. Wenn wir die Ferienwohnung morgens verließen, standen wir quasi zwischen den Weinreben. Kein Wunder also, dass unsere erste Amtshandlung ein Abendspaziergang durch eben diese war. Tagsüber erkundeten wir die Gegend und wanderten unter anderem hoch zum Schloss oder machten Abstecher in andere Weinorte und feierten Töchterchens Geburtstag in Heidelberg.

 

Wie in jedem Urlaub waren wir auch hier täglich sehr viel zu Fuß unterwegs. Die Abende ließen wir dann gemütlich auf der Dachterrasse ausklingen. Natürlich hatten auch andere Gäste diese Idee. Während unten im Hof Gelächter der Camper aus München und Cochem erklang, saßen wir u.a. mit einem Ehepaar aus Erfurt oben, tranken Wein und genossen den Blick aufs beleuchtete Schloss.

Wie sich herausstellte, hatten auch einige der anderen Gäste so kurzfristig wie wir gebucht. Alles wegen Corona. “Wir sind mehrmals pro Jahr in der Pfalz, weil mein Mann noch ab und zu als Außendienstmitarbeiter einspringt und hier unterwegs ist. Seit wir Rentner sind, begleite ich ihn und wir verbinden Arbeit mit Vergnügen. Normalerweise steigen wir in einem Hotel ab, aber seit Corona gibt es dort kein Buffet mehr und auch sonst hat sich so vieles verändert, dass wir uns diesmal für eine Ferienwohnung entschieden haben”, erzählte mir eine freundliche Dame, während sie am Rosé nippte. Sie und ihr Mann sind seit 44 Jahren verheiratet, sehr bereist und haben inzwischen eine Vorliebe für die Pfalz. Ihr Mann beugte sich zu uns rüber: “Schade, dass Ihr nicht auch schon gestern hier mit uns gesessen habt. Da flog hier nämlich einer mit Drohnen rum.” Automatisch blickten wir alle gen Himmel und sahen den Großen Wagen. Von Wein und Sternenhimmel beflügelt kam es auf dieser Terrasse zu spannenden Gesprächen. Selten erlebt man mich so wortkarg, aber ich hörte lieber zu.

 

Geschichten vom Leben in der ehemaligen DDR, Reisen zu ungarischen Winzern, Aufenthalte in Norwegen und anderen Ländern, interessante Lebensverläufe, aber auch dass sie Koblenz kurz vor der Buga besucht hatten - all das war interessant. Doch allen ihren wunderbaren Urlaubsimpressionen zum Trotz war die Pfalz das Hauptthema. “Die sind so aufgeschlossen, die Pfälzer. Man lernt hier sehr schnell viele Leute kennen”, erzählte die Frau und schon erfuhr ich von ungewöhnlichen Winzerehepaaren. “Hier gibt es einen Winzer, der mit einer Lateinamerikanerin verheiratet ist. Sie hatten sich während des Studiums in Boston kennengelernt und waren dann hierhergezogen. Nun haben sie sein elterliches Weingut übernommen und die Frau hat so viele frische Ideen!” Ihr Mann ergänzte: “Und dann gibt es noch die jungen Winzer. Sie machen ja ohnehin alles anders und wissen, wie wichtig das Internet ist.” Dem folgten Beispiele von älteren Winzern, die weder Nachwuchs noch einen Online-Shop haben und nun unter der Corona-Krise leiden, während bei anderen die jüngere Generation längst für eine Online-Präsenz gesorgt hat und das Geschäft daher weiter gut läuft. “Außerdem wollen die Jüngeren jetzt keine Chemie mehr spritzen. Es soll alles gut für die Umwelt sein. Und zwischen den Rebstöcken lassen sie Blumen wachsen!” Ich hörte zu und dachte an meine Podcast-Folge mit den Winninger Winzerinnen (Link), die es ähnlich machen. “Den jungen Leuten wird es aber nicht unbedingt leichtgemacht”, weckte mich der Mann aus meinen Gedanken. “Es haben sich einige zusammengetan und wollten gemeinsam Wein anbauen. Irgendwo zwischen den Häusern ist ein ganz unscheinbares Fleckchen Erde frei, also fragten sie nach, ob sie das pachten dürften. Die Besitzerin, eine reiche Frau, die sich nicht für Wein interessiert, wollte 800 Euro pro Quadratmeter haben. Im Flachland. Und wo auch nur eine minimale Steigung ist, steigt der Preis gewaltig!” Während uns nach der plärrenden Hitze des Tages eine willkommene Brise umspielte, nahm ich einen Schluck Riesling und hörte weiter aufmerksam zu. Ob Pfalz oder Mosel - die Herausforderungen der Winzerschaft scheinen sich sehr zu ähneln. Einerseits geht man zurück zum Ursprung und setzt mehr denn je auf die Natur, andererseits geht man digitale Wege, um den Vertrieb zu gestalten. Die Jungen helfen zwar den Alten, aber oft fehlt es leider an Nachwuchs. Während es die einen in die Ferne zieht, kommen andere ganz bewusst in die Gegend, um sich hier eine Existenz aufzubauen.

Im ganzen Ort sowie in den Nachbardörfern waren Touristen jeder Altersgruppe anzutreffen. Insbesondere Familien mit Kindern und Paare, die gerne wandern oder Radfahren. An der ein oder anderen Dorfecke standen junge Erwachsene zusammen, nippten an Weingläsern und lachten. Autos hielten neben ihnen an und weitere Altersgenossen stiegen aus, um kurz mitzureden und ins Gelächter einzustimmen. Das waren die Einheimischen. Mediterrane Mentalität in der Pfalz. Ich habe die wenigen Tage dort sehr genossen.

 

Nette Menschen, leckeres Essen und guter Wein - was will man mehr?

 


P.S.: Stimmt, der Begriff “Roadtrip” passt nicht ganz dazu, denn dafür müsste man immer wieder auf der Straße unterwegs sein und an unterschiedlichen Orten übernachten. Das haben wir vor 17 Jahren gemacht und lernten auf diese Weise u. a. das Dahner Felsenland (Link) kennen. So oder so: Die Pfalz ist zu empfehlen.